„Wenn Sie sich weigern, mitzuwirken, entscheiden wir aufgrund der Akten und lehnen Ihr IV-Gesuch ab.“

Diesen Satz haben alle sicher schon mehrfach gehört, die ein IV-Gesuch einreichen mussten. Den Verweis auf die Mitwirkungspflicht ist wohl das erste, was ein neu eingestellter IV-Beamter auswendig lernen muss.

Wir hören die Drohung selbst jetzt noch regelmässig, sieben Jahre nach Einreichen des IV-Gesuchs, obwohl uns nach jeder zusätzlich angeordneten Untersuchung und Abklärung versichert wurde, dass dies jetzt der letzte Schritt gewesen sei und man jetzt entscheiden könne.

Damit macht sich der IV-Mitarbeiter einfach lächerlich. Denn wenn er trotz sieben Jahren und ordnerweise Berichten und Gutachten aller möglichen Ärzte, Ergotherapeuten und sonstigen sogenannten Fachleuten immer noch keine Ahnung von der Krankheit und ihren Beeinträchtigungen im Alltagsleben im vorliegenden Fall hat, dann beweist das einzig, dass das IV-Verfahren als solches versagt hat und die IV-Stelle Bern komplett unfähig ist. Es kann ja nicht vom letzten (das glauben wir noch nicht) Abschlussbesuch einer IV-Mitarbeiterin (dieses Mal eine Büromitarbeiterin, nicht jemand mit einer beruflichen Kompetenz im Gesundheitsbereich) abhängen, ob nun eine Hilflosenentschädigung zugesprochen oder verweigert wird, nachdem sieben Jahre lang alle von der IV beauftragten Spezialisten dies so empfohlen haben.

Aber es zeigt einmal mehr, wie sich die IV-Mitarbeiter als Gott aufspielen, die über das Leben der armen Sünder bestimmen und beschliessen können, die das Pech haben, in ihre Fänge zu gelangen. Es reicht natürlich, um die meisten Leute einzuschüchtern, denen es ja sowieso aus gesundheitlichen Gründen schlecht geht. Sonst hätten sie sich ja nicht zum IV-Verfahren anmelden müssen. Aber so läuft das hier: einschüchtern, erniedrigen, ablehnen. Nur wer bis am Schluss Kraft hat und weiss, wie er sich gegen den Bürokratie-Moloch wehren kann, kann das „Nein“ vor Gericht vielleicht in ein „Ja“ kippen.

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Wer seine Arbeit gut macht, untersteht dem Konkurrenzverbot

Es gibt viele unterschiedliche Computerprogramme, mit denen Webseiten ganz leicht verwaltet werden und Mailings an die Kunden verschickt werden können. Zu den bekanntesten dieser sogenannten Content Management Systems (CMS) gehören Joomla, WordPress, Typo3 und Drupal.

Wer bereits mehrere dieser Systeme beherrscht, dem fällt die Arbeit mit einem neuen CMS einfach. Nach neuster Erkenntnis des Gerichts kann dies aber grosse Nachteile mit sich bringen.

Ein Konkurrenzverbot, das heute in den meisten Arbeitsverträgen zu finden ist, soll den Arbeitgeber davor schützen, dass beim Weggang eines Arbeitnehmers auch sämtliche Kunden weg sind oder dass der fortgehende Arbeitnehmer aufgrund der erfahrenen Geschäftsgeheimnisse ein Konkurrenzprodukt anbieten kann. Es ist jedoch nur gültig, wenn der Arbeitnehmer Einblick in Geschäftsgeheimnisse oder eine vertiefte persönliche Beziehung zu den Kunden hatte.

Gemäss der nicht nachvollziehbaren Meinung des Gerichts erfährt ein Geschäftsgeheimnis, wer bei seinem Arbeitgeber mit einem neuen CMS arbeitet und dieses danach zu bedienen weiss. Und zwar unabhängig davon, dass das CMS von einer Drittfirma öffentlich angeboten wird, und unabhängig davon, dass der Arbeitnehmer bereits viel Erfahrung mit anderen CMS hat und ihm die Arbeit mit dem neuen System damit leicht fällt.

Damit beweist das Gericht lediglich, dass es von Technik keine Ahnung hat. Dadurch, dass jemand die gängigen Office-Programme Word, PowerPoint oder Excel zu bedienen weiss, verschafft ja schliesslich auch keinen Einblick in die Geschäftsgeheimnisse weder von Microsoft noch des Arbeitgebers. Ein weiterer Justizirrtum.

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Gerichtsverfahren bringen nur Unrecht zum Ziel

Als ausgebildeter Jurist mit Uni-Abschluss war ich immer der Meinung, dass es bei einem Gerichtsverfahren um Wahrheitsfindung und die Fällung eines gerechten Urteils geht. Ich wurde eines Besseren belehrt.

Die Bundesverfassung schreibt in Art. 27 vor, dass die Parteien Anspruch auf gerechte Behandlung sowie auf rechtliches Gehör haben. Konkret sieht das dann so aus:

Angenommen, zwei Parteien verklagen sich gegenseitig auf dem Zivilweg. Die Widerklage scheint eine gängige Form der Machtdemonstration zu sein, wenn der Kläger das Gericht um Hilfe bei der Durchsetzung seiner Rechte bittet. Beide Parteien reichen ihre Unterlagen, Argumente und Beweismittel ein. Schon jetzt ist es für den Kläger/Widerbeklagten schwierig, all den Lügen, Vorwürfe und falschen Behauptungen entgegenzutreten, die gegen ihn erhoben werden. In mühsamer Kleinarbeit findet und reicht er Beweismittel ein, welche die Vorwürfe entkräften und die Behauptungen als falsch entlarven.

Dann beginnt die Gerichtsverhandlung. Oder besser gesagt: ungefähr ein halbes Jahr später. Denn die Schweizer Gerichte scheinen alle überlastet zu sein, womit ein Gerichtsurteil, von dem vielleicht die berufliche oder private Zukunft des Klägers abhängt, in weite Ferne rückt. Der Kläger/Widerbeklagte kann nun in seinem Parteivortrag seine Anträge bestätigen und auf die seiner Meinung nach wichtigsten Punkte des Verfahrens kurz eingehen.

Nach einem Hin und Her mit dem Parteivortrag des Beklagten/Widerklägers und einer weiteren Runde hat der Kläger dann überhaupt nichts mehr zu sagen. Jetzt kann der Beklagte/Widerkläger, der das letzte Wort hat, noch völlig neue Vorwürfe und Behauptungen vorbringen. Dass diese alle nicht stimmen, interessiert das Gericht nicht. Der Kläger/Widerbeklagte darf sich dazu nicht mehr äussern.

In einer zweiten Verhandlung, am besten abermals ein halbes Jahr später, erfolgt die Zeugeneinvernahme. Zuerst stellt das Gericht dem Zeugen Fragen, dann der Kläger/Widerbeklagte, dann der Beklagte/Widerkläger. Dieser hat auch hier das letzte Wort und kann in seine Fragen abermals neue Vorwürfe und Behauptungen einflechten, die nicht stimmen. Der Kläger/Widerbeklagte darf sich auch dazu nicht mehr äussern.

Neben all diesen neuen, erheblichen Vorwürfen und Behauptungen geht die Wahrheit, welche vom Kläger/Widerbeklagten vorgetragen wurde, völlig unter. Und es ist klar: Die Richter erinnern sich am besten an das, was zuletzt gesagt wurde.

Noch vor dem Schlussplädoyer ziehen sich die Richter zur Beratung zurück. Und verkünden dann bereits ihre Sicht der Dinge. Nicht verwunderlich, dass diese stark von diesen letzten Vorwürfen geprägt sind. Wie gesagt: Der Beklagte/Widerkläger hatte zuvor zwei mal völlig neue Vorwürfe und Behauptungen aufgestellt, zu denen der Kläger/Widerbeklagte keinerlei Stellung nehmen durfte.

„Wir sind alle drei davon überzeugt, dass der Beklagte/Widerkläger recht hat“, teilt die vorsitzende Richterin mit. Und nach einer kurzen Rückfrage: „Daran wird sich nichts mehr ändern.“ Dies entgegen den Fakten, dem Gesetz, der Prognose aller befragten Anwälte und der Ansicht des anderen Gerichts, das den ersten Teil der Verhandlung durchgeführt hatte.

Jetzt gibt es genau zwei Möglichkeiten für den Kläger/Widerbeklagten: Entweder er nimmt den miserablen Vergleichsvorschlag des Gerichts an, bei dem er auf alle seine Rechte verzichtet (seine weiteren Anträge), ist dann aber immerhin auch die Widerklage und eine allfällige Strafanzeige los, die der Anwalt der Gegenpartei aus taktischen Gründen bzw. als Druckmittel erhoben hatte, um eben genau das zu erreichen. Oder er besteht auf einem Urteil, das er dann an die nächsthöhere Instanz weiterziehen kann. So bleibt aber die ständige Belastung durch das Gerichtsverfahren für ihn und sein Umfeld bzw. wird sogar noch grösser. Denn nach diesem Fehlentscheid kann er sich nicht mehr auf das Gesetz verlassen und darauf, dass er im Recht ist.Falls das nächsthöhere Gericht das Urteil schützt, bedeutet das eine Menge Kosten (v.a. Anwaltskosten der Gegenpartei), die er bezahlen muss.

Schlussendlich bleibt dem Kläger/Widerbeklagten gar nichts anderes übrig, als den Vergleich anzunehmen und auf seine gesetzlichen Ansprüche zu verzichten. Der Beklagte/Widerkläger hat mit seinem falschen Spiel erreicht, was er erreichen wollte.

Hier sind also die vier Tipps, wie man ein Gerichtsverfahren gewinnt:

  • Warten Sie, bis Sie verklagt werdet. Reichen Sie dann Widerklage ein. So haben Sie in allen Prozesshandlungen das letzte Wort.
  • Bringen Sie Ihren besten Argumente erst dann vor. Diese können auch frei erfunden sein. Da die Gegenpartei sich nicht mehr dazu äussern darf, bleiben sie unwidersprochen.
  • Verbreiten Sie so viele Lügen über die Gegenpartei wie möglich. Auch wenn alles widerlegt werden kann, wird das Gericht schlussendlich Ihnen glauben.
  • Reichen Sie parallel dazu eine Strafklage gegen die Gegenpartei ein und starten Sie eine Betreibung. Der immense Druck, den Sie dadurch ausüben, bringt die Gegenpartei dazu, sehr schnell klein beizugeben, auch wenn sie im Recht ist.

Anmerkung: Dieses Verfahren richtete sich noch alter kantonaler Zivilprozessordnung. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass das neue Verfahrensrecht Gerichtsprozesse fairer macht.

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